Badische Neueste Nachrichten | Acher- und Bühler Bote | ACHERN | 14.12.2019
Die Acherner Stadtkapelle bei ihrem Auftritt im „Weihnachtsdorf“ – das Orchester sieht einem neuen Dirigenten entgegen, es gab bereits Probedirigate. Foto: sp
Achern (sp). Die Träume von „weißer Weihnacht“ erklangen, Rentier Rudolf mit der roten Nase „flog“ herbei, und die „Jingle Bells“ am Pferdegeschirr schellten, als die Stadtkapelle Achern ihr Gastspiel im Weihnachtsdorf gab.
Klirrende Kälte wie im Vorjahr hatten die Musiker zwar nicht mitgebracht, doch Marktmeisterin Monika Ross von „Achern aktiv“ stellte vorsorglich einen kulinarischen „Aufwärmer“ bereit, denn alle Töne sollten wie eine Eins sitzen. Daran ließen die erfahrenen Musiker unter der Leitung von Tobias Klemm auch keinen Zweifel aufkommen und begeisterten mit weihnachtlicher Musik in traditionellen und modernen Klangfarben, so dass die zahlreichen Zuhörer direkt bei der Bühne und auf dem Marktgelände ihre Freude hatten und bestens auf die schönste Zeit des Jahres eingestimmt wurde. Ob der Kultsong „Last Christmas“ erklang, im Stile von Dean Martin dem Schnee mit „Let It Snow! Let It Snow! Let It Snow!“ völlig relaxt begegnet wurde oder im verträumten Swing-Sound von „I’m Dreaming Of A White Christmas“ geträumt wurde, die Stadtkapelle zauberte von „I Wish You A Merry Christmas“ bis „Feliz Navidad“ eine tolle Weihnachtsstimmung auf das Marktgelände.
Auch die Musiker waren bester Laune, der Topf mit dem „Aufwärmer“ war komplett geleert, und alle freuen sich auf den neuen Dirigenten: Das Probedirigat mehrerer Kandidaten fand statt, eine Empfehlung wurde ausgesprochen, und nun muss noch die Stadt entscheiden.
Galakonzert der Stadtkapelle - Seefahrer und Weltenbummler kamen beim Galakonzert der Stadtkapelle in der Mensa des Gymnasiums Achern restlos auf ihre Kosten.
Die Stadtkapelle hatte ihr Jahreskonzert in der Zeit des Abschieds von Dirigent Rüdiger Müller und mit Blick auf einen im neuen Jahr anstehenden Wechsel des Vorsitzenden unter die Frage von Unterwegssein gestellt und damit höchst zutreffend getitelt. Vorsitzender Jürgen Schmid hieß das Publikum mit einer kleinen Ehrung von zwei engagierten Jugendlichen willkommen. „Jana Quast und Anna Quast durften jüngst in Baden-Baden einen Bambi entgegennehmen. Zusammen mit vielen hundert Jugendlichen haben sie sich an der 72-Stunden-Aktion der katholischen Kirche beteiligt“, freute sich der Vorsitzende und überreichte Blumen.
Fortan konnte Moderator Frank Stemmle ein höchst vitales und frisches Programm der Kapelle ankündigen. „Lassen Sie sich mitnehmen, werden Sie Weltenbummler und erleben Abenteuer, die es einst nur in der Welt der griechischen Götter, in Spanien oder bei den Iren gab“, motivierte der rundfunkbekannte Ansager, ehe die Kapelle von Stück zu Stück zeigte, wie viele Herausforderungen sie dank solider Ausbildung und gutem Zusammenhalt im Verein auf sich nehmen, gestalten und bestehen kann.
Mit den „English Folk Songs“ präsentierte das Orchester zwei sehr rasante Märsche voller Witz und Humor, die von einem ruhigen und bunten Intermezzo unterbrochen sind. Knisternde Spannung ließen die Musiker mit der sagenumwobenen Viper in Thomas Doss „La Voivre“ erleben, ehe sie mit „Cassiopeia“ von Carlos Marques mitten in die griechische Mythologie führten. Mit „The Legend Of Maracaibo“ malten die Musiker unter souveräner und nie hektischer Leitung von Rüdiger Müller Bilder der lange zurückliegenden Seeschlacht bei Vigo und der Suche nach einem legendären Silberboot.
ABSCHIED: Vorsitzender Jürgen Schmid und der scheidende Dirigent Rüdiger Müller (rechts).
Leidenschaftliches Temperament legte die Stadtkapelle auch nach der Pause an den Tag. Ob Haydn Woods „The Seafarer“ oder Terry Kennys „Suite On Russian Dances“, die sinfonischen Werke wurden ein- wie ausdrucksvoll entfaltet. Besonders fesselten die alten russischen Tänze, in denen das Orchester wohl bis an die Grenze der möglichen Geschwindigkeit ging und kaum Verschnaufpausen hatte. Ein wundervolles Epos bot man auch mit Johan de Meijs „Celtic Classics“.
„Rüdiger Müller brachte zu Beginn seines Acherner Engagements Johan de Meijs ,Songs Of Catskills‘ zur Aufführung. Heute dürfen wir die direkte Fortsetzung des Albums genießen“, erläuterte Frank Stemmle. Am Ende waren die Bravo- und Zugabe-Rufe laut und anhaltend. Rüdiger Müller kündigte als letztes Abschiedsgeschenk den „Marche de Libertad“ an, den Gerold Ronacher mit sehr feurigem Ausdruck geschrieben hat und den die Stadtkapelle mit höchstem Schwung und Charakter bot.
"Lieber Rüdiger, ich habe vergeblich versucht, dich umzustimmen. Deine Gründe sind zu verstehen und ich darf dir für alles wertvolle Engagement hier Danke sagen“, fasste Jürgen Schmid am Ende zusammen. Von Orchestermitgliedern und aus dem Publikum in der nahezu vollbesetzten Mensa gab es lang anhaltenden Beifall.
„Wir sind eine stabile Gruppe. Es wird auch mit neuem Leiter gut weiter gehen“, zeigte sich ein Musiker hoch motiviert für eine weiterhin gute Zukunft der Acherner Vorzeigekapelle. Jürgen Schmid verkündete indes, dass bei der nächsten Jahresversammlung ein Nachfolger für die Position des Vorsitzenden gewählt werden muss. „In meinem Alter ist der Ruhestand dann auch verdient.“ Michael Karle